Besonders erfreuliche Interviewanfrage: mehralstaxifahren.de

Normalerweise erwähne ich an dieser Stelle Interviews nicht besonders, da sie Teil meines beruflichen Alltags sind, sprich: einfach dazugehören. Ab und zu muß man jedoch auch mal auf die besonderen Ausnahmen hinweisen und in diesem Falle fand ich das dahinter steckende Projekt wirklich cool: Lena, die Betreiberin von mehralstaxifahren.de interessierte sich für meinen beruflichen Werdegang als Soziologe. Über ihr Projekt schreibt sie:

“Hi! ich bin Lena. Ich habe in Mannheim und Bielefeld Soziologie studiert und danach als wissenschaftliche Mitarbeiterin am MZES gearbeitet. Heute reise ich als Digitale Nomadin durch die Welt und verdiene mein Geld ortsunabhängig als Webdesignerin.

Das Projekt MehrAlsTaxifahren.de habe ich im März 2017 gegründet, um zu zeigen, wie vielfältig die Berufsmöglichkeiten von Soziologinnen und Soziologen sein können.

Dass Soziologen lediglich Taxi fahren, Burger verkaufen oder Kinotickets abreißen ist ein längst veraltetes Klischee. Durch ihre analytische und kritische Arbeitsweise sowie ihr Wissen über die Prozesse der modernen Gesellschaft sind sie wichtige Arbeitskräfte in vielen Bereichen des Arbeitsmarktes.”

Schöne Idee! Da habe ich sehr gern meinen Teil dazu beigetragen, welcher so einige Entwicklungen, Meilensteine und “Karriereschritte” nachvollziehbar machen dürfte – hier findet man ihn.

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Lange Nacht der Wissenschaften: Vortrag zu Terrorismus und digitalen Medien

Terrorismus funktioniert erschreckend gut mit digitalen Medien – das wird mein Thema sein am 24. Juni, zur Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin. Der Vortrag wird nicht ohne Grund erst um 21 Uhr stattfinden, denn er wird mit Sicherheit nicht für Kinder und Jugendliche geeignet sein. Wenn man heutzutage von Terrorismus und Digitalisierung spricht, spricht man automatisch von Tabubrüchen, extremen Horizonterweiterungen und neu gezogenen Grenzen – diese Entwicklung ist untrennbar mit Angst und Schrecken verbunden. Und letztlich geht es dem digital vermittelten Terror genau darum. Terrorismus und Digitalisierung, das ist eine epochale Zeitenwende, die uns extrem fordert. Daß man jedoch keineswegs wehrlos ist, soll der Vortrag entsprechend darstellen.

Mehr Informationen: Terrorismus und Medien: Wovon der Terror lebt und was dagegen getan werden kann

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Alles Forschen ist Bastelarbeit: über 250.000 Zugriffe auf unser Internetsoziologie-Wiki

Nach nur acht Monaten Regelbetrieb können wir voller Stolz und Freude sagen: unser Forschungswiki kommt sehr, sehr gut an. Ende April konnten wir bereits den 250.000sten Zugriff verzeichnen. Nun sind Zugriffe bekanntlich keine UserInnen, aber selbst wenn man nur von einem Bruchteil “echter Menschen” ausgeht – beispielsweise zehn Prozent der Zugriffszahl -, so wären das in diesem Falle immerhin 25.000 Personen, die unser Wiki besucht haben. Das freut uns natürlich sehr, zumal die Beitragenden nicht wenig Zeit in “ihre” Beiträge gesteckt haben und die Themen sicher nicht gerade massenkompatibel sind, sondern schon wissenschaftliche Spezialbereiche betreffen. Umso schöner ist deshalb dieser kleine Meilenstein – und wir nehmen ihn zum Anlaß, das Wiki kontinuierlich auszubauen und in einigen besonders begehrten Bereichen zeitnah deutlich zu vertiefen. Seien Sie gespannt!

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Ein “How to deal with” zum Unsinn des Postfaktischen

Die Wissenschaft hat es dieser Tage nicht leicht. Da fragen sich Kolleginnen und Kollegen zu Recht, was das Gerede vom “postfaktischen Zeitalter” für Konsequenzen für das Fundament unserer Lebenswelt – die Wissenschaft – hat und wie man dem begegnen kann. Ich kann vor allem die Aussagen des Kollegen Mojib Latif unterstützen:

“Immer mehr Menschen informieren sich im Internet. Dort stehen Meinung, Gerücht und wissenschaftliches Ergebnis ununterscheidbar nebeneinander. Es fehlt an Orientierung und Qualitätskriterien. Die Aufmerksamkeit wird eher dem zuteil, der am schrillsten auftritt. Da kann (und will!) Wissenschaft nicht mithalten.”

Sehr hilfreich wäre es, wenn die Schreihälse schlicht und einfach keine Claqueure mehr hätten, sprich: wenn das Geschreie keine Zustimmung mehr fände. Stattdessen wäre es für diese Unterstützer sicherlich zielführender, selbst zu denken und sich eine eigene Meinung zu bilden. Das würde zuerst zeigen, daß die Schreihälse mit Sicherheit am wenigsten Unterstützung verdienen.

Gut ist aber auch Latifs Haltung gegenüber den “Postfaktischen”:

“Ich ignoriere diese Leute. Reagierte ich auf diese abstrusen Behauptungen, würde ich ihnen nur noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen.”

Und auch die Antwort auf die Frage, wie die Wissenschaft reagieren sollte, ist absolut empfehlenswert:

“Sie sollte der Allgemeinheit selbst die besten Informationen zur Verfügung stellen, und zwar ansprechend und vor allem verständlich.”

Daran wird hier gearbeitet. Und zwar – ganz konkret – so, daß mein Team und ich versuchen, die Unterstützer zu erreichen und zu überzeugen – nicht die Schreihälse. Wir laden zum Denken ein und setzen auf das Empowerment der bzw. des Einzelnen. Das ist unser Ziel. Jedes Mal. Früher, heute und in Zukunft.

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Buch: Internetsoziologie

Da mein Team und ich das bastelnde Denken bevorzugen, soll auch unsere erste Materialsammlung zum Thema Internetsoziologie dieser Maxime folgen: das erste Buch mit dem Titel “Internetsoziologie” ist deshalb ganz bewußt kein klassisches Buch, sondern eine Momentaufnahme unseres Wikis. Das bedeutet konkret: ab sofort kann man das komplette Wiki oder – sofern gewünscht – Teile davon als On-Demand-Buch zustellen lassen.

pediapress-com

Die Idee selbst ist nicht neu, sie wird bei Wikipedia schon seit einiger Zeit eingesetzt; für uns ist es eine gleichermaßen bewußt experimentelle und doch strukturell stabile Lösung. Sie passt perfekt zum bastelnden Denken, unterstützt diese Denk- und Arbeitsweise, die wiederum mit traditionellen Ansätzen bricht, in denen Wissen deutlich statischer arrangiert und bewertet wird. Jedes Buch wird so eine Momentaufnahme unseres publizierten Wissensstandes und damit nie das vollendete Werk. Denn die Idee einer abgeschlossenen Analyse ist vielleicht bequem, aber doch trügerisch, weshalb gerade im Falle der zarten Pflanze Internetsoziologie keinesfalls irgendein statischer Zustand vermittelt werden soll. Dies wäre grundfalsch. Ein klassisches Buch würde dies jedoch tun – deshalb gehen wir einen anderen Weg.

Sie finden die Buchdruckfunktion im Wiki links unten unter “Drucken/Exportieren” und dort unter dem Menupunkt “Buch erstellen”. Nutzen Sie also die Gelegenheit, jederzeit Ihr internetsoziologisches Werk zu erstellen – immer und immer wieder.

Zitierempfehlung: Humer, Stephan G. (Hg.): Internetsoziologie. PediaPress, [Erstellungsdatum]

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Drei neue Beiträge: Tod, Video und Social Media

Da in jüngster Zeit gleich drei Interviews mit bzw. Artikel von mir erschienen sind, möchte ich diese hier kurz vorstellen:

“Was bleibt: Leben und Sterben aus internetsoziologischer Perspektive” – verfaßt für das Konferenzblog “digital.danach”

“Videoüberwachung: Von der konventionellen zur intelligenten Videoüberwachung – Chancen und Risiken für Polizei und Gesellschaft” – zusammen mit der wunderbaren Kollegin Anna Lederer (Netzwerk Terrorismusforschung) verfaßt und nun erschienen in der neuen Ausgabe von “der kriminalist”

Social Media: „Wir haben es in Deutschland versäumt, die neuen digitalen Möglichkeiten inhaltlich sinnvoll zu nutzen“ – Interview mit dem hauseigenen Wissenschaftsblog “adhibeo”

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Interested in Digital Sociology? Contribute to our Internetsoziologie-Wiki!

You are an English-speaking scientist? You are deeply interested in Digital Sociology? Perhaps you may want to contribute to the Internetsoziologie-Wiki, started by Germanys first Internet Sociology Department ;-) Write us: wiki @ humer.de We are open for every idea that sounds promising for the future of the wiki. Feel free to spread the word!

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Medienanalyse: Studie bekräftigt eigene Methodik

Wenn man an einer neuen Methodik arbeitet, ist man wohl immer fest davon überzeugt, daß die Idee sehr gut ist. (Warum sollte man sonst auch so viel Energie und Zeit dafür aufwenden?) Der Haken an der Sache ist nur, daß einem die eigene Überzeugung nur sehr begrenzt weiterhilft, wenn man die ganze Welt (oder zumindest einen Teil der “Fachwelt” :-) von der eigenen Idee überzeugen will. Die Kolleginnen und Kollegen wollen natürlich – so wie auch die “allgemeine Öffentlichkeit” – eine (idealerweise empirische) Bestätigung erleben: wenn die Methode, die Du da anwendest, etwas taugt, dann wird es dazu ja unabhängige Zahlen geben, die das bestätigen.

Und: ja, die gibt es. Inzwischen bereits mehrfach. Beispielsweise einmal hier und auch hier. Aber jetzt auch zusätzlich hier. Zwar handelt es sich dabei “nur” um Zwischenergebnisse und zudem nicht um direkte Zahlen (wie oben), aber die Ergebnisse an sich sehen schon sehr vielversprechend aus (hinsichtlich ihrer Passung mit meiner Arbeit).

Denn die erste Frage, die ich mir nach meiner Medien-/Diskurs-/Tendenzanalyse (die Begriffe schwanken selbstverständlich noch, da work in progress) stelle, ist immer: werden meine – absichtlich groben – Tendenzergebnisse bekräftigt oder liege ich mit meiner Vorgehensweise falsch? Erneut gibt es nun eine Bekräftigung, und zwar von den KollegInnen der Hamburg Media School:

“Mehr als 34.000 Pressebeiträge hat ein von Michael Haller geleitetes Projektteam an der Hamburg Media School (HMS) ausgewertet, um zu klären: Wie haben deutsche Medien in den Jahren 2009 bis 2015 über die Flüchtlingspolitik berichtet?”

(Quelle: s.o.)

Ich stelle mir in meiner Arbeit ja sehr ähnliche Fragen: wie wird über xy berichtet – um dann daraus zu folgern, wie die Position gegenüber dieser Thematik ist (positiv oder negativ). Welche Aspekte der Arbeit der KollegInnen begeistern mich nun besonders?

Punkt 1: die massive Zunahme der Berichterstattung nach einem oder mehreren thematisch passenden (Groß-)Ereignissen

Auch von den KollegInnen der HMS wurde beobachtet: “Mit dem wachsenden Zustrom von Geflüchteten sei die Berichterstattung, welche die Willkommenskultur thematisierte, regelrecht explodiert.” Logisch, keine besondere Überraschung. Auch nicht dieses extreme Wachstum an neuen Artikeln zu einem Thema. (Aber immerhin gut zu sehen, daß man hier sehr ähnlicher Meinung ist ;-) Das Exponentielle ist hier ja das eigentlich Interessante. Genauer gesagt: nicht die Tatsache, daß es auftritt, sondern die Frage, wie man damit umgeht. Je öfter es auftritt, desto stärker muß man es berücksichtigen. Denn mit der Anzahl der Artikel ändert sich auch die Tonalität.

Punkt 2: eine grobe Einteilung ergibt Sinn

“Insgesamt seien 82 Prozent aller Beiträge zur Flüchtlingsthematik positiv konnotiert gewesen, zwölf Prozent rein berichtend, sechs Prozent hätten die Flüchtlingspolitik problematisiert.” Das sieht für mich nicht nach einer besonders feinen Skala aus, sondern eben nach einer groben Ausrichtung. Und das ergibt Sinn, zumindest in vielen Szenarien, in denen es eben ausreicht, die Tendenz zu skizzieren. Und das ist sowohl bei der Flüchtlingsthematik als auch bei meinen Themen sehr oft der Fall. Hier braucht es offensichtlich keine zweite Nachkommastelle.

Punkt 3: Social Engineering

Okay, das hat nur indirekt etwas mit meiner Tendenzanalyse zu tun, aber hier kann ich die KollegInnen umgekehrt ja auch mal bestätigen: “Jenseits der Frage, ob der Journalismus damit seiner Rolle als kritischer Beobachter gerecht wurde, stellt Haller in Rechnung, dass diese Berichterstattung auch wünschenswerte Effekte gezeitigt haben könnte: Dass in vielen Städten Menschen, Gruppen und Initiativen eine Willkommenskultur lebten, die den Zustrom bewältigen half, stehe möglicherweise auch mit der Tendenz der Berichterstattung in Zusammenhang.” Ja, das funktioniert. Die Menschen richten sich und ihr Handeln selbstverständlich (in einem gewissen Maße) dementsprechend aus. Sie hätten sonst gar keine Chance mehr, ihr Leben und ihre Lebenswelt erfolgreich zu strukturieren. Das dürften wir also beide gleichermaßen festgestellt haben: die Beeinflussung ist möglich. Und sie ist beobachtbar.

Punkt 4: allzu viel neutrale/sachliche Berichterstattung sollte man nicht erwarten

“Die Studie untersucht auch die Tonalität von Beiträgen reichweitenstarker Medien im Sommer 2015. Zwanzig Prozent der Berichte der „Tagesschau“ seien implizit wertend gewesen, bei „Spiegel Online“ an die vierzig Prozent, bei der Online-Ausgabe der „Welt“ fünfzehn Prozent.”

und

“Rund zwei Drittel der tonangebenden Medien hätten zunächst „übersehen“, dass die Aufnahme von Flüchtlingen in großer Zahl und die Politik der offenen Grenzen die Gesellschaft vor neue Probleme stellen würden. Nur ein Drittel der Berichte hätten von September 2015 an Probleme aufgegriffen.

Dazu nun das, was ich in einem Bericht zu einem Sicherheitsforschungs-Topic mal folgendermaßen umschrieb:

Die Qualität der Beiträge rund um das [von mir untersuchte Thema] liess in aller Regel deutlich zu wünschen übrig, d.h. es unterliefen zahlreichen Journalisten entweder bedeutende Fehler (v.a. technischer Art), die den Sinngehalt eines Artikels nicht nur marginal beeinflussten und zudem bereits im ersten Schritt einer eigenständigen Recherche aufzudecken waren oder die Artikel waren deutlich weniger objektiv als es aufgrund journalistischer Sorgfaltspflicht nötig gewesen wäre. Damit könnte – im Falle einer entsprechend negativ konnotierten Interpretation der Motivation der jeweiligen Autorin bzw. des jeweiligen Autors – das Merkmal der „Stimmungsmache“ durchaus als erfüllt angesehen werden. Der Verfasser hatte schon „mit den Augen des Laien“ nicht den Eindruck, dass zahlreiche [thematisch relevante Beiträge] wirklich zu einer gehaltvollen Information der Öffentlichkeit beitragen können – und erst recht nicht aus der Perspektive des Experten.

Soviel dazu in meinem damaligen Bericht. Es dürfte der geneigten Leserin bzw. dem geneigten Leser nicht allzu schwerfallen, hier die Gemeinsamkeiten von HMS-Studienergebnissen und meinen Aussagen festzustellen. Damit wird zumindest die Unausgewogenheit bzw. die problematische Faktenbearbeitung deutscher Medien(häuser) bei bestimmten Themen deutlich hervorgehoben und abermals bekräftigt. Das heißt für den an Fakten interessieren (und an Wertung oder gar Ideologie uninteressieren) Leser: man kann sich zu einem signifikanten Maß nicht wirklich auf die Berichterstattung über bestimmte Themen verlassen.

Aus meiner persönlichen Sicht als Soziologe ist dies freilich ein gefährliches Problem. Erfreulich ist daran auch nur, daß ich mit meiner Einschätzung – auch wenn sie zu einem anderen Thema war – eine ähnliche Beobachtung (nur auf einem anderen, eben “meinem” Weg) machen konnte. Denn es wäre ja extrem verwunderlich gewesen, wenn gerade mein Thema ein besonderer Ausreißer gewesen wäre, mit viel Wertung, Ideologie oder tendenziöser Berichterstattung, und alle anderen Themen “dieser Art” (eine bessere Um- und Überschreibung fällt mir dazu gerade nicht ein) wären da ganz anders (re)präsentiert worden.

Die Übereinstimmungen zeigen jedoch (wieder einmal ;-): die Methodik scheint im Kern recht gut zu funktionieren.

(Kleiner Hinweis am Rande: teilweise waren meine Themen schon sehr ähnlich, sprich es ging nicht direkt um Flüchtlingsberichterstattung, aber beispielsweise um Ausländerfeindlichkeit, speziell gegenüber Flüchtlingen. Es gab aber insgesamt mehrere Themen, bei denen die Tendenzanalyse als Kern von Sociality by Design eingesetzt wurde, und selbstverständlich verbietet sich eine Analogiebildung bei zu weit voneinander entfernten Themen, die deshalb hier auch nicht erwähnt worden sind.)

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