(Un)Gleichheit: Auf gar keinen Fall Disharmonie!

Ich lese im Rahmen meiner wissenschaftlichen Arbeit dankenswerterweise sehr viel Gutes, aber manchmal erfreuen einen einzelne Beiträge doch ganz besonders. Dazu gehört diesmal folgendes Interview mit der Kollegin Irmhild Saake in der FAZ:

“Soziologie: Unterschied, was ist das?”

Es geht dabei primär nicht um etwas Digitales, sondern um Ungleichheit. Das jedoch ist ein Thema, welches mir in meiner Arbeit andauernd begegnet und deshalb auch eine entsprechende Relevanz für die Analyse und Bewältigung des Digitalen hat. Da mir das gesamte Interview sehr gut gefällt und ich Ihnen natürlich auch nicht alles hier in allen Einzelheiten kommentiert darstellen möchte (da das sicherlich ein wenig zu aufdringlich wäre), werde ich jetzt nur einige wenige Aspekte herauspicken, um meine Gedanken zum Thema zu illustrieren:

“Es ist für meine Studenten etwa so, dass sie es schon als komisch empfinden, dass sich am Ende einer Diskussion ein gutes Argument durchsetzt.

Weil sie nicht glauben können, dass nur eins richtig sein kann?

Ja, wenn ich es jetzt mal ein wenig übertreiben darf, dann haben sie sozusagen Mitleid mit den ausgeschlossenen Argumenten. Sie fordern Gleichheit auch für Argumente, Anerkennung auch für andere Positionen. Das macht eine klare wissenschaftliche Argumentation schwierig. Man kann nicht mehr so recht sagen, dass man eine wirklich unsinnige Behauptung für Quatsch hält. Es ist eher die Idee da, dass irgendetwas Gutes schon auch in dem Quatsch drin stecken wird.”

Dieses Erlebnis habe ich auch desöfteren, jedoch mindestens genau so oft mit Nicht-Studierenden wie mit Studierenden. Der Gedanke, daß der andere richtig liegt (und man selbst falsch) scheint für viele Menschen sehr schwierig zu sein. Lieber haben wir alle irgendwie auch recht, so mein Eindruck. Das ist natürlich, wie die Kollegin sagt, manchmal schlicht unmöglich, denn mancher Quatsch ist einfach Quatsch – egal, wie man ihn dreht und wendet. Aber wenn wir alle so harmonisch gestimmt sind, bleiben böse Konflikte auf der Strecke. Die Wahrheit allerdings auch. Dies bekräftigt Irmhild Saake wenig später:

“Viele sagen lieber: Das Argument ist nicht so wichtig, ich möchte lieber Akzeptanz und Anerkennung für den anderen zeigen.”

Das ist aber nicht nur eine gefährliche Idee der Menschen, die so vorgehen, sondern auch unnötig. Nur weil der andere mal richtig liegt, bin ich ja kein schlechter Mensch oder muß ich mich für irgendetwas schämen oder gar unterlegen fühlen. Eine gute Diskussion/ein guter Disput hält “Sieg” und “Niederlage” problemlos aus – genauer: die jeweiligen Diskutanten können (und sollten) dies aushalten. Wenn ich mich mit Kolleginnen und Kollegen im besten Sinne gestritten habe, waren die Auseinandersetzungen die besten, aus denen sie genauso wie ich jeweils gleich gut als Sieger bzw. Verlierer herausgehen konnten, wohl wissend, daß die Argumente (des anderen) diesmal die besseren waren und man einfach eine faire Auseinandersetzung hatte. Wer beim Fußball 5:1 gewinnt, muß sich nachher ja auch nicht künstlich klein machen. Ein fairer Sieger, der gern auch seinen Sieg benennen kann, ist schon entgegenkommend genug.

“Wir erleben verschiedene Perspektiven, wollen das aber nicht, wollen das heilen, in dem wir so tun, als seien wir gleich. Mit Sprache und durch Hineinversetzen. Das Komische ist, dass wir einfach nicht auf die Idee kommen, dass die Situation eine ungleiche, asymmetrische ist. Der Vater ist etwas anders als das Kind, eine andere Person, er hat aber auch einen anderen Status. Diese Ungleichheit ist eigentlich eine Ressource, man könnte sie benutzen in einem Konflikt. Aber wir wollen sie nicht nutzen, ganz explizit nicht. Denn sie erscheint uns hässlich.”

Ungleichheit ist in einer so homogenen Gesellschaft wie der deutschen oft “hässlich”, das stimmt. Man sieht weniger die Vorteile, die sich einem bieten (z.B. aus der verlorenen Debatte neue Erkenntnisse zu ziehen und daran zu wachsen) als vielmehr die Nachteile: Sieger und Verlierer, “Gut” und “Böse”, “besser” und “schlechter”. Solche Gefälle stören die Harmonie. Dabei ist der Gewinn für einen selbst (auch und gerade im Falle der “Niederlage”) definitiv höher als unreflektierte Gleichmacherei. Das gilt auch in Beziehungen:

“Es ist doch erwartbar so, dass die Frau mehrere Monate ausfällt im Beruf, weil sie das Kind bekommt. Aber in vielen Beziehungen wird richtig Buch geführt. Da muss man sich erklären und sagen: Du verdienst in dieser Zeit kein Geld. Ich bezahl jetzt mehr. Wenn ich dann mal nicht so viel habe, kannst Du wieder mehr bezahlen. Da fragt man sich: Wofür ist denn die Idee von einer Partnerschaft eigentlich gemacht? Kann sie diese Asymmetrie nicht mehr aushalten?”

Wenn der Wunsch nach Gleichheit in unreflektierter Gleichmacherei ausartet, bleiben viele (bessere und wichtigere) Dinge auf der Strecke. Deshalb mein Tipp: das Interview in Gänze lesen und lieber einmal zuviel als zuwenig darüber nachdenken, ob sich Ungleichheit nicht doch manchmal mehr lohnt – auch für einen selbst – als der Wunsch, alles gleich zu machen und damit willkommene Effekte der Ungleichheit “wegzubügeln”.

Was das nun im Übrigen konkret mit Digitalisierung zu tun hat? Nun, mir fiel zuerst die Architektur des Shitstorms ein. Aber das dürfte freilich nicht der einzige Bezugspunkt sein, wenngleich doch sicher einer der wichtigsten. Das Thema hat zweifellos Potential.

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Sociality by Design: Mailingliste und Mailadresse

Lange lag sie brach und wartete auf ihren Einsatz – jetzt ist es endlich soweit: alle interessierten Personen können sich nun auf der SbD-Mailingliste anmelden:

https://de.groups.yahoo.com/neo/groups/sociality-by-design-mailinglist/info

Wer mich exklusiv zu SbD kontaktieren möchte, kann dies ab sofort über die FU-Berlin-Mailadresse tun:

stephan.humer @ fu-berlin.de

So landet Ihr Anliegen direkt im richtigen Postfach und wird auch entsprechend schnell bearbeitet.

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Eine Idee setzt sich durch: Sociality by Design nun offizielles Projekt an der FU Berlin

Die Arbeit hat sich gelohnt: SbD ist nun ein Projekt (an) der FU Berlin. Dort werde ich die Idee in den kommenden Monaten verfeinern und dann in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft umfassend vorstellen, sprich: publizieren können. Zu den klassischen Verbreitungswegen werden auch digitale Kanäle kommen, so daß möglichst viele interessierte Menschen Zugang zu diesem Konzept finden können. Weitere Infos finden Sie nun ab sofort wieder deutlich häufiger als in den letzten Monaten auf der SbD-Seite.

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Anmeldung jetzt möglich: 5. Berliner Mediensucht-Konferenz

Wer sich mit dem Thema Digitalisierung und Gesellschaft auseinandersetzt, dem bleiben auch die Schattenseiten des Internets nicht verborgen. Deshalb bin ich bereits seit einigen Jahren beratend im Umfeld des Fachverbands Medienabhängigkeit tätig und unterstütze gern und nach Kräften die Arbeit im Bereich der Mediensuchtanalyse, -bekämpfung und -prävention. Nun steht wieder mal eine Mediensucht-Konferenz an und dort werde ich nicht nur einen Vortrag halten, sondern wie erwähnt auch ganz grundsätzlich unterstützen, werben und beraten. Deshalb an dieser Stelle die dringende Empfehlung: wenn Sie das Thema berührt, betrifft oder auch – bspw. aufgrund der Sorgen um einen nahen Angehörigen oder Freund – belastet, dann schauen Sie sich doch mal das Programm der Konferenz an. Vielleicht finden Sie hier die Lösungen auf Ihre Fragen, die Sie schon lange suchen. Die Anmeldung ist jetzt (und hier) möglich.

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Ich soll Ihre Abschlußarbeit betreuen? Dann bitte dies hier lesen …

Es freut mich natürlich, daß ich seit Jahren (deutschlandweit) immer stärker in Sachen Abschlussarbeiten angefragt werde. Immer mehr Studierende wollen mit einem (internetsoziologischen) Thema ihr Studium abschließen, so mein Eindruck, und mich dabei als Erst- oder Zweitgutachter haben. Grundsätzlich geht das auch jenseits “meiner” Hochschulen UdK und HWR, doch alle Interessierten müssen so oder so auf jeden Fall die folgenden Punkte beachten:

– Es freut mich, daß ich Ihr Prüfer sein soll. Da ich aber wissenschaftlich sehr stark ausgelastet bin, bitte ich um entsprechenden Vorlauf. Melden Sie sich idealerweise mindestens ein halbes Jahr vor dem Starttermin Ihres (Bachelor-/Master-/Magister-/Diplom-/Promotions-)Projekts bei mir. Interessensbekundungen einen Tag vor Einreichung der notwendigen Unterlagen sind … nun ja: nicht so toll :-)

– Sie – und nur Sie! – sind verantwortlich für alle verwaltungsrechtlichen Fragen. Ich kann diese nicht beantworten! An manchen Universitäten sind auch externe Erstgutachter möglich, an manchen müssen selbst zusätzliche Prüfer (“Dritt-” oder “Viertgutachter”) einen langen Anmeldeprozess und eine offizielle Anerkennung durchlaufen. Ich kann Ihnen nur anbieten, nach meiner inhaltlichen Zusage (sprich: wenn ich Ihre Idee passend und gut finde und meine, Sie sinnvoll betreuen zu können) das entsprechende Formular zu unterschreiben. Welches das ist …? Sie müssen es herausfinden! Ich nehme nur dann Kontakt zur Verwaltung auf, wenn diese das explizit von mir wünscht. (Das ist alles freilich nicht böse gemeint, aber aus Zeitgründen kann ich es leider nicht anders handhaben.)

– Ihr Verfahren muss zwingend kostenneutral für mich laufen. Das heißt: mein Einsatz darf nicht auch noch Geld kosten. Sie müssen Ihre Arbeit mündlich verteidigen, außerhalb Berlins? Dann klären Sie bitte vorab und verbindlich die Frage, ob ich meine Reisekosten vollständig erstattet bekomme. Innerhalb Berlins reise ich gern ohne Geltendmachung von Kosten zu einer entsprechenden Sitzung, aber alles, was die Stadtgrenzen überschreitet, kostet mich extra – bzw. es wird Ihre Hochschule (leider) etwas kosten … Manche Hochschulen zahlen ein Pauschalhonorar für Externe, das ist dann (da i.d.R. dreistellig) so in Ordnung. Sofern ich wie gesagt nicht draufzahlen muß.

– Und, last but not least: Sie haben die Bringschuld! Ich möchte ja nichts von Ihnen, sondern Sie von mir :-) Wir finden zueinander und ich werde letztlich Ihr Gutachter? Dann fragen Sie! Schicken Sie mir Mails, rufen Sie an, lassen Sie uns chatten! Wer nicht fragt, der wird auch nix von mir erfahren. Eine Mail pro Woche ist nicht zuviel (eine pro Stunde freilich schon …), also nutzen Sie die heutigen – v.a. die wunderbaren asynchronen – Möglichkeiten wie E-Mails. So kann erfahrungsgemäß eine sinnvolle, effektive und gute Betreuung stattfinden.

Diese (wenigen) Grundregeln schrecken Sie nicht ab? Ganz im Gegenteil, Sie denken nun: das könnte passen? Dann melden Sie sich. Ich bin immer für Abschlussarbeitsideen offen und entscheide meist zeitnah.

Die dazugehörige Mailadresse: stephan @ humer.de

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Sicherheitsforschung: Lange Woche des Linksextremismus in Berlin

Morgen startet sie, die “Lange Woche der Rigaer Straße”. Da die linksextreme Ausrichtung dieser Veranstaltung klar erkennbar ist, bietet sie für interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Sicherheits- bzw. Extremismusforschung eine hervorragende Möglichkeit zur teilnehmenden Beobachtung und Anwendung anderer Analyseformen. Mal schauen, welche der zahlreichen Veranstaltungen – breit gefächert von sehr theoretisch bis ganz klar praktisch (“We will build a shoplifting-bag that can jam the anti-theft doors”) – sich zur gegenwärtigen Analyse weiter Teile des Berliner Linksextremismus’ besonders anbieten könnten. Das umfangreiche offizielle Programm ist auf der u.a. Website zu finden, ebenso beim “Stressfaktor”.

Website zur Langen Woche der Rigaer Straße: gettogether.noblogs.org
Beitrag dazu bei “linksunten.indymedia.org”: linksunten.indymedia.org
(Bisher eher überschaubare) Berichterstattung zur “LWdRS”: Google News

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