Schupelius, Wansner, Stöß: Nicht durch Polit-Irre einschüchtern lassen!

Einschüchterungsversuche gegen Andersdenkende sind ein klassisches Merkmal von politisch Fehlgeleiteten – und beileibe kein reines Internet-Phänomen. Nur dürfen diese Versuche so oder so – online wie offline – keinen Erfolg haben, da letztlich ein demokratischer Diskurs nicht mithilfe von Gewalt(drohungen) stattfinden kann. Die Polit-Irren, die in den letzten Tagen Journalist Gunnar Schupelius, CDU-Mann Kurt Wansner und SPD-Landeschef Jan Stöß bedroht haben, haben sich spätestens durch ihre Drohungen selbst ins Abseits gestellt und sind nun kein Fall mehr für eine politische Diskussion, sondern für die Polizei. Man muß im Übrigen mit den drei betroffenen Herren keineswegs einer Meinung sein, um sie zu verteidigen. Denn hier findet eine Grenzüberschreitung statt, die völlig unabhängig von politischen Standpunkten nicht unwidersprochen bleiben darf. Von Gewalt bedrohte Demokraten sollten deshalb die volle Unterstützung anderer Demokratinnen und Demokraten haben – und das sage ich explizit auch als Vorsitzender eines Vereins, der sich der Erforschung von Terrorismus und Extremismus verschrieben hat. Schließlich nennt sich unsere Demokratie wehrhaft, und das sollte sie meines Erachtens auch sein. Ebenso wie die Demokratinnen und Demokraten, die sie mit Leben füllen. Ohne Wenn und Aber.

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Erst Nerdismus, dann Extremismus … und dann die Selbstauflösung? Piraten zerlegen sich Stück für Stück weiter

Noch mehr bekannte Gesichter treten aus, noch mehr strukturelle Probleme tauchen auf: die Piraten haben mit ihrem sinkenden Schiff offenbar doch noch nicht den Tiefpunkt erreicht. Es findet ein rasanter Untergang statt, dem man kaum mehr folgen mag.

Nachdem der Nerdismus (1) der entscheidende Geburtsfehler war, den die Partei nie überwunden hat (meine vorsichtige Hoffnung vom 13. Mai 2013 hat sich leider nicht erfüllt), gibt ihnen der Linksextremismus nun offenbar den Rest:

“Die Aktion stehe symbolisch für einen Machtkampf innerhalb der Piraten, kritisiert Vetter: „Ein lautstarker, der Antifa nahestehender Flügel versucht, die Partei zu okkupieren.“ Die Parteilinke betreibe „brutales Mobbing“, findet der Strafverteidiger: „Die haben einen stalinistischen Ansatz – der Zweck heiligt die Mittel.“”

(Quelle: taz)

Andere Quellen führen zu ähnlichen Einschätzungen. Ob man es nun Stalinismus, Linksextremismus oder schlicht Dummheit (“2014 fast nur gestritten”) nennt: der Untergang der Piratenpartei geht ungebremst weiter. Da sich in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Reinickendorf bereits die Piratenfraktion aufgelöst hat, frage ich mich: wann zersplittert die erste Landtags-Combo?

Ich bin fest davon überzeugt, daß die Piraten bisher nicht nur keinerlei Fortschritt für die Gestaltung der Digitalisierung unserer Gesellschaft bedeuteten, sondern unterm Strich sogar kontraproduktiv waren und sind. Ihr miserables Auftreten hat genau den Parteien Rückenwind in Sachen Digitalisierung gegeben, die sicherlich den größten Nachholbedarf haben. Mit Offenheit, Demut, Diplomatie und Technikkompetenz hätten die Piraten die großen Fragen der zunehmend stärker digitalisierten Gesellschaft vielversprechend angehen können. Doch geschaffen haben sie diesbezüglich faktisch gar nichts, sie sind eine gescheiterte Partei. Ich sehe keine einzige digitale Herausforderung, die die Piraten entscheidend positiv mitgestaltet haben. Leider, wie ich immer wieder betonen muß. Denn die Digitalisierung breitet sich immer weiter aus und Antworten suchen selbst die regierenden deutschen Politiker händeringend:

“De Maizière hält das soeben übergebene IT-Sicherheitskonzept in der Hand, auf dem Deckel des Büchleins prangt eine Illustration mit Datenströmen und Vorhängeschlössern. Der Innenminister kommt ins Plaudern. Damals, im Jahr 2005, als er Chef des Bundeskanzleramts wurde, erzählt der CDU-Politiker, habe er sich noch mit Sicherheitsstandards für Fahrräder beschäftigt. Heutzutage ginge es um Standards für Datensicherheit, führt de Maizière aus. “In dem Bereich versteht die Politik wenig, da brauchen wir jede Hilfe”, räumt er ein. Und spricht damit selten ehrliche Worte auf der Computermesse.”

(Quelle: SpOn)

Im Zweifel können sich die Piraten letztendlich immer noch selbst auflösen. Das würde das derzeitige Leiden sicher verkürzen. Weiterer nennenswerter Schaden für die digitalisierte Gesellschaft muß derzeit nicht mehr befürchtet werden – die Partei wird ohnehin kaum mehr wahr-, geschweige denn ernstgenommen. Zumindest die Fans von Uli Hoeneß fänden den Schritt der Selbstaufgabe sicher respektabel.

Immerhin etwas.

(1) “Je stärker die Partei (…) zum Lebensmittelpunkt ihrer aktiven Mitglieder wird, desto schwerer fällt es diesen, Entwicklungen in Politik und Gesellschaft angemessen zu antizipieren.” (Klecha, S., Hensel, A.: Zwischen digitalem Aufbruch und analogem Absturz: Die Piratenpartei. Verlag Barbara Budrich, 2013. S. 163) Sprich: je mehr “digitalkulturelle Ausrichtung” (S. 166) die Lebenswelt prägt, desto mehr verliert man die nichtdigitale Lebenswelt aus den Augen. Die Eigengesetzlichkeiten der Digitalisierung fordern bei so einer Ungleichgewichtung ihren Tribut. Und damit können viele Piratenmitglieder offensichtlich nicht umgehen bzw. dies adäquat kompensieren. Der Nerdismus hat die wohlbekannten Folgen: “Die Piraten agieren sehr voluntaristisch, also aus dem Interesse oder der Betroffenheit von Parteimitgliedern heraus, und achten kaum auf eine strategisch-inhaltliche Verortung ihrer Partei oder gar die gesellschaftliche Relevanz ihrer Themen.” (S. 165)

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9. For..Net-Symposium “Werte im Netz” am 3. und 4. April in Passau

Ein Termin, der sich lohnt:

“Die von Herrn Prof. Dr. Dirk Heckmann geleitete Forschungsstelle für IT-Recht und Netzpolitik (For..Net) veranstaltet am 03. und 04. April 2014 in Passau das nunmehr

9. Internationale For..Net-Symposium: “Werte im Netz”.

Die Tagung steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas. Außerdem ist die Veranstaltung Teil des Gipfelprozesses „Auf dem Weg zu einer digitalen Charta“ der AG 5 des Nationalen IT-Gipfels der Bundesregierung.

Kern des Symposiums bilden Vorträge und Diskussionsrunden von und mit hochkarätigen internationalen Experten aus Politik, Wissenschaft und Praxis. Erwartet werden über 100 Teilnehmer aus dem juristischen Spektrum.

Besondere Highlights erwarten die Teilnehmer in diesem Jahr im Rahmen der Abendveranstaltung auf der Veste Oberhaus: Für die Dinnerspeech konnte Marina Weisband gewonnen werden. Zudem wird erstmals der For..Net-Award in der Form eines Sonderpreises für besonderes Engagement auf dem Gebiet des Datenschutzes verliehen. Der Abend findet seinen schwungvollen Ausgang mit einem Konzert von Ninja and the Boys, der Kultband unserer Universität sowie mit einem besonderen Gastauftritt von DJ Trackman.

Weitere Veranstaltungshinweise, das Tagungsprogramm sowie ein Anmeldeformular finden Sie auf unserem Flyer und über http://www.for-net.info/symposien/symposium-2014/zur-anmeldung/.

(…)

Die Teilnahme am Symposium kann ggf. als Fortbildungsveranstaltung gem. § 15 FAO anerkannt werden. Eine Tagungsgebühr wird nicht erhoben.”

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Gefahrengebiete: analog wie digital eine schwierige Angelegenheit

Der geschätzte Kollege Nils Zurawski stellt im u.a. Video seine Sicht in puncto Hamburger Gefahrengebiet dar – und bringt dabei auch interessante (eventuell nichtintendierte ;-) Aspekte für die Analyse des Digitalen ins Spiel. Wenn er sagt, daß bspw. Messer, Schusswaffen oder Pfefferspray in bestimmten Gebieten (in Hamburg) verboten waren bzw. sind, ein paar Meter außerhalb des Gebietes aber nicht, so ändert das nichts an der Gefährlichkeit der Gegenstände an sich und letztlich wohl auch kaum etwas am (mißbräuchlichen) Einsatz dieser Gegenstände. Entscheidend ist nicht das Gebiet, sondern was darin passiert. Das Gebiet gäbe es somit nicht ohne die Taten, nicht umgekehrt. Die allgemeine Wahrnehmung kann aber leicht von den Gründen (den Taten innerhalb des Gebietes) ablenken und sich auf das Gebiet selbst konzentrieren. Demzufolge kann der öffentliche Eindruck entstehen: “Da ist alles (immer) schlimm!” – was so pauschal natürlich falsch ist. Das Gefahrengebiet ist damit vielleicht eine viel zu grobe Skizzierung und lenkt aufgrund seiner Darstellung von der Gefahr zu stark auf das Gebiet. (Etwas, was wir auch aus “Killerspiel”- und “Tatort Internet”-Diskussionen in den Medien nur allzu gut kennen.) Das hat dann negative Folgen für den betroffenen Raum und die Menschen, die sich in ihm aufhalten, und zwar ganz ohne irgendeine Tat. (Was ebenfalls fürs Digitale gilt.) Die Berliner Polizei lehnt eine Nennung von “Gefahrengebieten” übrigens ab.

Ganz nebenbei wirft Nils Zurawski auch die berechtigte Frage auf, wie die Polizei eigentlich darauf kommt, daß durch im Gefahrengebiet aufgefundene Waffen Straftaten verhindert worden seien. Von einer mitgeführten Waffe automatisch auf eine nahende Straftat zu schließen, ist in der Tat nichts anderes als Kaffeesatzleserei – ganz besonders dann, wenn der entscheidende Aspekt der Ort des Auffindens ist (hier: innerhalb des Gefahrengebiets). Es dürfte keine einzige Statistik geben, die hier stichhaltige Zusammenhänge liefern kann, weshalb Nils Zurawski letztlich sehr deutlich mit solchen Maßnahmen ins Gericht geht: “Das Gebiet begründet sich mit sich selbst. Besser gehts nicht.”

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Gegen den islamischen Faschismus: Hamed Abdel-Samad spricht auf der Leipziger Buchmesse

Der MDR bietet auf seiner Website zur Leipziger Buchmesse ein sehr sehenswertes Video mit dem Politologen Hamed Abdel-Samad, welcher über islamischen Faschismus (“die politisch-juristische Seite der Religion”) spricht und erklärt, warum man dagegen vorgehen muß. Sein Kampf gegen die Extremisten ist nicht nur aus der Perspektive des Terrorismusforschers bemerkenswert, sondern er verdient auch deshalb Respekt, weil man ihn immer wieder konkret bedroht hat und damit nicht nur seine Person, sondern zweifellos auch zahlreiche demokratische Errungenschaften direkt angreift. Solche Angriffe dürfen von Seiten anderer DemokratInnen nicht unwidersprochen bleiben, denn unsere Demokratie bezeichnet sich schließlich nicht umsonst als wehrhaft. Das Buch zum Thema islamischer Faschismus, welches Abdel-Samad auf der Buchmesse vorgestellt hat, findet man auf der Startseite dieser Website in der Amazon-Bücherübersicht.

hamed abdel samad auf der leipziger buchmesse - mdr screenshot

Zum Video mit Hamed Abdel-Samad in der Mediathek des MDR.

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Anonymität abschaffen = keine digitale Hetze mehr?

Glauben Sie daran, daß die Abschaffung von Anonymität (oder auch Pseudonymität) die Tonlage im Internet verbessern würde oder Hetze bzw. der berühmte Shitstorm verringert werden könnte? Dann haben Sie anscheinend noch nie dem einen oder der anderen PiratenpolitikerIn beim Twittern zugeschaut. Da hilft mit Sicherheit kein Realname, denn der wird gar nicht erst verschwiegen. Da hilft nicht mal die “Würde eines Amtes”, denn nicht wenige sind Abgeordnete/Kandidaten oder haben zumindest Funktionen innerhalb ihrer Partei inne. Da hilft anscheinend gar nichts mehr. Entsprechende Beispiele gefällig? Kein Problem, einfach hier klicken.

Die These “Anonymität weg = besserer Umgang miteinander” läßt sich also in Windeseile widerlegen. Was im nichtdigitalen Leben aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus plausibel erscheint (unmittelbares Pöbeln ist aufgrund des leibhaftigen Gegenübers schwieriger als mittelbares Pöbeln), läßt sich nicht so ohne weiteres ins digitale Leben übertragen. Es greifen Eigengesetzlichkeiten, die man berücksichtigen muß. Daß ausgerechnet die Piraten hieran so oft gescheitert sind, zeigt meines Erachtens sehr deutlich, daß sie für die Bewältigung der digitalen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft – und nicht nur einige Nerds – steht, schlicht nicht die Richtigen sind. Für Empiriker dürfte der beste Beweis für das gesamtgesellschaftlich keineswegs überzeugende Verhalten der Piraten letztlich das Ergebnis der Bundestagswahl gewesen sein.

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